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Die Sicherheit gentechnisch veränderter Pflanzen

Interview mit Frau Dr. Ahl Goy

Die Sicherheit von GVO bleibt zwiespältig: Einerseits werden GVO seit längerer Zeit angepflanzt ohne dass sich die prophezeiten Risiken bestätigten; andererseits postulieren die Gegner der Gentechnik für GVO-Produkte noch immer unvertretbare Risiken. Wie sehen Sie die Situation?

Frau Dr. Ahl Goy: Wie Sie richtig sagen, haben sich die für gentechnisch veränderte Organismen (GVOs) postulierten Risiken nicht bestätigt. Gentechnisch veränderte Kulturpflanzen werden nun seit sieben Jahren auf einer kumulativen Fläche von 236 Millionen Hektaren angebaut [ISAAA Briefs No. 27-2002]. Dies entspricht beinahe einem Viertel der Landfläche Kanadas und bedeutet, dass sich ein beträchtlicher Erfahrungsschatz mit gentechnisch veränderten Kulturpflanzen angesammelt hat. Entsprechend wurden weltweit von Millionen von Menschen und Tieren GVO-Produkte gegessen. Alles in Allem ergaben sich keine nachweisbaren negativen Auswirkungen. Vor diesem Hintergrund darf geschlossen werden, dass die Diskussion über Risiken eher von Emotionen als von Fakten geprägt ist. Jeder technische Fortschritt birgt gewisse Risiken, denen ein Nutzen gegenübersteht. Der Nutzen von gentechnisch veränderten Kulturpflanzen wird oft ignoriert und die hypothetischen Risiken ins Zentrum gerückt. Nach mehreren Jahren Erfahrung mit dem Einsatz der Gentechnik im grossen Massstab kann die praktische Erfahrung für Nutzen-Risiko-Abschätzungen genutzt werden und mehr auf Fakten als auf Annahmen abgestützt werden.

Finden Sie, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen in Bezug auf Dichte und Restriktivität der effektiven Situation entsprechen und Risiken frühzeitig erkannt werden können?

Frau Dr. Ahl Goy: Ja. Die bestehende Gesetzgebung sorgt für die nötige Sicherheit für die Umwelt und die Gesundheit von Menschen und Tieren. Betrachten wir beispielsweise die Freisetzung von GVO in die Umwelt. Das Gesetz ( Freisetungsverordnung) verlangt eine Risikoanalyse bevor jeglicher Freisetzung. In der Forschung berücksichtigt die Analyse die zum gegebenen Zeitpunkt verfügbaren Daten und die Planung der Experimente widerspiegelt diesen Sachverhalt und bezieht offene Fragen mit in die Betrachtung ein. Darum werden GVOs in der Grundlagenforschung normalerweise in kleinflächigen, isolierten Feldversuchen getestet (physikalische oder biologische Isolation). Bei fortgeschrittener Entwicklung wird in grösserem Umfang getestet. Für eine kommerzielle Freisetzung werden jedoch viel mehr Unterlagen über die Sicherheit verlangt. Die Genehmigung für eine kommerzielle Freisetzung wird nur gewährt, wenn die Behörden zur Überzeugung gelangen, dass die Sicherheit des Produktes hinlänglich ist. Zusätzlich begleitet ein Aufsichts- oder Überwachungsprogramm die Markteinführung von gentechnisch veränderten Kulturpflanzen. Solche Programme erlauben es, mögliche Auswirkungen, die in der Sicherheitsanalyse postuliert wurden, zu bestätigen oder zurückzuweisen (z.B. das Auftreten von Resistenzen). Zudem können nicht antizipierte Auswirkungen entdeckt werden. Es soll hier nochmals betont werden, dass bis heute keine unvorhergesehenen negativen Auswirkungen auf die Umwelt oder die Gesundheit von Mensch und Tier aufgetreten sind. Das bestätigt immerhin, dass die Risikoanalyse in hohem Masse vertrauenswürdig ist.

Eine grosse Herausforderung ist die Wahlfreiheit der Konsumentinnen und Konsumenten, insbesondere die daraus resultierende Kennzeichnung (Labeling) und der damit verbundene Nachweis von GVO-Produkten. Was sind die Konsequenzen für die Firmen?

Frau Dr. Ahl Goy: Wir anerkennen ausdrücklich das Recht der Landwirte und der Konsumentinnen und Konsumenten zu bestimmen, welche Lebensmittel sie anpflanzen bzw. essen wollen. Als Saatguthersteller kennzeichnet Syngenta Seeds ihre Saatgutsäcke gemäss den nationalen Vorschriften nicht zuletzt um die Landwirte über die besonderen Eigenschaften des Saatgutes zu informieren. Das an die Landwirte verkaufte Saatgut ist das erste Glied in der Lebensmittel- / Futtermittelkette. Die Kennzeichnung gewährleistet, dass die nächste Stufe in der Lebensmittel- / Futtermittelkette über die notwendigen Informationen verfügt. Überdies verlangen mehr und mehr Länder von den Firmen, die GVO auf dem Markt einführen wollen, dass sie im Rahmen des Bewilligungsverfahrens eine Nachweismethode zur Verfügung stellen. Für die in der Schweiz bewilligten Produkte wurden mehrere Nachweismethoden entwickelt und publiziert. Die Herausforderung ist nun eher die Situation zu bereinigen und eine Nachweismethode als offizielle Methode zu bestimmen. Dies könnte helfen Rechtsunsicherheit zu vermeiden, die sich aus divergierenden Ergebnissen bei der Verwendung verschiedener Nachweismethoden ergibt.

Als Partner in einem EU-Projekt über den Nachweis von GVO mittels Biochips ( www.GMOchips.org) haben wir die Erfahrung gemacht, dass die Beschaffung der für den Nachweis unerlässlichen Sequenzdaten äusserst schwierig ist. Was sind die Gründe für die Zurückhaltung von Firmen bei der Herausgabe von Sequenzdaten?

Frau Dr. Ahl Goy: Bei Sequenzdaten handelt es sich um Information, die Eigentum der Firmen ist und daher meist vertraulich zu behandeln ist. Das bedeutet nicht, dass solche Daten Dritten nicht zur Verfügung gestellt werden. Allerdings muss die Verwendung durch entsprechende Abkommen festgelegt werden, die auch die Vertraulichkeit regulieren. Syngenta hat in verschiedenen Programmen für die Entwicklung von Nachweismethoden teilgenommen, mit der Folge, dass nun verschiedene Methoden publiziert sind. Wie schon erwähnt, würden wir es sehr begrüssen, wenn nun Anstrengungen unternommen würden, die der Formulierung und Validierung von Nachweismethoden dienen. Die Verfügbarkeit von offiziell anerkannten Nachweismethoden erscheint uns wichtiger als die ständige Entwicklung neuer Methoden.

Bei der Sequenzierung der eingeführten Gene haben die damit beschäftigten Projekt-Partner festgestellt, dass die im Produkt gefundenen Sequenzen teilweise mit jenen in den Bewilligungsunterlagen nicht übereinstimmen. Haben Sie auch solche Beobachtungen gemacht?

Frau Dr. Ahl Goy: Wir sind uns solcher Beobachtungen bewusst. Sie können verschiedene Ursachen haben. Wir haben festgestellt, dass Daten von Plasmiden, welche für die Transformation verwendet werden, oft mit jenen der transformierten Pflanze gleichgesetzt werden. Wir wissen auch, dass Daten hauptsächlich mit der PCR-Technik gewonnen werden. “PCR” bedeutet “Polymerase Chain Reaction (Polymerase Kettenreaktion)” könnte aber oft auch mit “Please Check Results (Bitte überprüfe die Resultate)” übersetzt werden. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Sequenzierungsartefakte zu falschen Daten und irrigen Schlussfolgerungen führen, wenn nicht angemessene Kontrollen durchgeführt werden.

Soviel vorweg! Umlagerungen der DNA können während des Insertionsprozesses auftreten. Ausmass und Häufigkeit sind oft von der Transformationsmethode abhängig. Wegen möglicher Umlagerungen der DNA wird dieses Phänomen als Bestandteil der molekularen Charakterisierung der GVO während der Sicherheitsanalyse untersucht.

Dies ist eine sehr wichtige Erkenntnis. Gibt es dafür wissenschaftliche Erklärungen?

Frau Dr. Ahl Goy: Die Integration fremder DNA ins Genom einer Pflanze erfolgt mit einem Mechanismus der “Rekombination“ genannt wird. Wissenschaftlich wird, bei den in der Natur weit verbreiteten Mechanismen, von einer homologen und einer nicht homologen Rekombination unterschieden. Bei der ersteren handelt es sich um den Austausch von genetischem Material das ähnliche Sequenzen aufweist; bei der letzteren fehlt die Ähnlichkeit. Bei der gentechnischen Einführung eines Gens handelt es sich unabhängig von der Transformationsmethode (nackte DNA oder Agrobacterium-vermittelte Transformation) um eine nicht homologe Rekombination. Dieser Mechanismus ist weniger präzise als homologe Rekombination und DNA Umlagerungen können am Ort der Integration auftreten.

Ergibt sich dadurch ein Sicherheitsproblem für GVO-Produkte?

Frau Dr. Ahl Goy: Keineswegs. Die molekulare Charakterisierung der GVO bildet die Basis für die Sicherheitsanalyse. Wenn Umlagerungen der DNA erfolgt sind, werden sie bei der Sicherheitsanalyse berücksichtigt.

Umlagerungen der DNA können in den kodierenden und nicht kodierenden Regionen auftreten. Wenn eine Umlagerung im Gerüst des Plasmids auftritt, sind keine Konsequenzen zu erwarten. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat festgehalten, dass DNA als solche nicht ein Sicherheitsbedenken darstellt [WHO report ISBN 92 4 156145 9, Geneva, 1991]. Treten Umlagerungen beispielsweise in der Promotor Region auf, so ergeben Untersuchungen über die Konzentration des Genproduktes in verschiedenen Geweben der Pflanze (Blätter, Stengel etc.) bei verschiedenen Entwicklungsstadien Auskunft darüber, ob die Funktion des betroffenen Promotors durch die Umlagerung beeinträchtigt wird.

In Bezug auf das exprimierte Protein (Genprodukt) umfasst die Sicherheitsanalyse üblicherweise toxikologische Studien mit dem gereinigten neu gebildeten Protein und mit dem gesamten Pflanzenmaterial (eventuell auch mit Extrakt). Werden gereinigte Proteine aus der Produktion mit gentechnisch veränderten Mikroorganismen (z.B. Bakterien oder Hefen) verwendet, damit genügend grosse Mengen für die Versuche verfügbar sind, werden diese zunächst charakterisiert und mit solchen verglichen, welche aus der gentechnisch veränderten Pflanze stammen. Studien mit pflanzlichem Material enthalten per Definition jene Bestandteile, die einer Umlagerung unterworfen waren.

Bekannt ist, dass das Genom eine gewisse Instabilität aufweist (genomische Variabilität), die letztlich Grundlage der Züchtung von Kulturpflanzen ist. Gibt es Hinweise, dass diese für gentechnisch eingeführtes genetisches Material grösser ist als für das pflanzeneigene genetische Material?

Frau Dr. Ahl Goy: Nein. Wir haben Daten über die Stabilität der eingeführten Sequenzen im Bt-Mais vor der Markteinführung (als Bestandteil des Bewilligungsgesuches) und seit der Markteinführung gesammelt. Es ergab sich kein Hinweis für eine Instabilität der eingeführten Eigenschaften. Wir sind auch überzeugt, dass sich die Landwirte bei uns beschwert hätten, wäre Instabilität, verbunden mit dem Verlust der Eigenschaft, aufgetreten. Das ist nicht geschehen.

Sehen Sie auf Grund der besprochenen oder anderer Erfahrungen die Notwendigkeit von Anpassungen bei der Bewilligungspraxis in Bezug auf den Umfang oder die Art der einzureichenden Unterlagen?

Frau Dr. Ahl Goy: Nein. Die Frage der DNA Umlagerungen ist nicht neu und wurde immer berücksichtigt bei der Sicherheitsanalyse von GVO. Allgemein gesagt, stimme ich dem Grundsatz zu, dass gesetzliche Regelungen so flexibel sein sollten, dass auf neue sicherheitsrelevante Aspekte reagiert werden kann. Es ist die Verantwortung der Behörden und der Gesuchsteller sich gegenseitig auf dem Stand des Wissens zu halten. Die Unterlagen, die im Rahmen einer Bewilligung einzureichen sind, werden im Allgemeinen mit den Behörden im Voraus besprochen und der Dialog wird während der Gesuchsprüfung fortgesetzt. Dadurch kann auf neue wissenschaftliche Erkenntnisse viel besser reagiert werden als durch die Anpassung von Vorschriften, was bekanntlich ein langwieriger Prozess ist. Es besteht die Gefahr, dass Neuerungen schon wieder veralten bevor sie in Kraft treten.


© Copyright Zentrum BATS: Kontakt Legal Advisor: Advokatur Prudentia-Law Veröffentlichungsdatum: 2003-08-10

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