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Biologie der Stammzellen

 Prof. Dr. Kurt Bürki, Universität Zürich

Stammzellen können sich durch Teilung einerseits selbst erneuern, andererseits können sie zu verschiedenen spezialisierten Zelltypen differenzieren. Stammzellen findet man in verschiedenen Organen, wo sie den Ersatz und Nachschub für abgestorbene Zellen sicherstellen. Beispiele für sehr teilungsaktive Stammzellen sind die hämatopoietischen Stammzellen des Knochenmarks oder die Spermatogonien in den Hoden. Beispiele für weniger teilungsaktive Stammzellen sind die erst kürzlich entdeckten Stammzellen im Gehirn. Stammzellen können auch während der Embryonalentwicklung beobachtet werden. Sie sind aber nur während kurzen Phasen vorhanden, so zum Beispiel die sogenannten embryonalen Stammzellen, welche kurz nach der Implantation des Embryos während weniger Stunden isoliert werden können.

Die Teilungs- und Differenzierungsverhalten von Stammzellen werden durch die Mikro-Umgebung der Zelle bestimmt. Kontakte der Stammzelle zu extrazellulärer Matrix und zu Nachbarzellen sowie stimulierende und inhibierende Faktoren und Hormone bilden ein komplexes Regulationssystem, welches sicherstellt, dass sowohl der Nachschub an differenzierten Zellen den Bedürfnissen des Organismus entspricht, als auch die Stammzellpoulationen erhalten bleiben. Werden Stammzellen isoliert oder in eine neue Umgebung transplantiert, ändert sich in der Regel ihr Verhalten. So können zum Beispiel bei Mäusen Stammzellen aus dem Gehirn zu Blutzellen differenzieren, wenn sie in die Blutbahn eines Empfängertieres injiziert werden. Embryonale Stammzellen können explantiert werden und in der Kulturschale unter geeigneten Bedingungen unbegrenzt proliferieren ohne zu differenzieren. Wenn solche embryonalen Stammzellen aus der Kulturschale wieder in einen Organismus versetzt werden, können sie je nach Transplantationsort wieder zu spezialisierten Zellen differenzieren. Sie können auch schon in Kultur zur Differenzierung angeregt werden. Ein Problem bei der in vitro Kultivierung von Stammzellen ist das Auftreten von chromosomal abnormalen Zellen mit Tumorzell-ähnlichen Eigenschaften.

Die präklinische Stammzellforschung konzentriert sich auf drei Problemkreise: 1) Die Identifikation von Stammzellen im adulten Organismus. Bis heute wurden gegen zwanzig Organ-spezifische Stammzelltypen identifiziert. 2) Die Aufklärung der komplexen Regelmechanismen, welche die Stammzellen kontrollieren. Dies würde die kontrollierte Stimulation von Stammzellen in vitro und in vivo ermöglichen. 3) Die Erzeugung und Verwendung von embryonalen Stammzellen. Beim Menschen wird dabei die Erzeugung von Individuen-spezifischen Stammzellen durch das sogenannte therapeutische Klonen in Erwägung gezogen.

Die Stammzellforschung ist ein rasch expandierendes, spannendes Gebiet, wo sich wissenschaftliche Grundlageninteressen und therapeutische Interessen treffen und gegenseitig enorm stimulieren. Die Einbettung dieser raschen Entwicklung in den öffentlichen Dialog ist wichtig. Die im Vortrag dargestellten Grundkenntnisse der Biologie von Stammzellen sollen dazu beitragen, den Dialog auf eine sachliche Basis zu stellen.


© Copyright Agency BATS: Contact Legal Advisor: Advokatur Prudentia-Law Date of publishing: 2000-09-15

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