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Stammzelltherapie aus juristischer Sicht
Dr. Angela Augustin 
A. Die einschlägigen Gesetze
Die Stammzelltherapie 
  wird rechtlich grundsätzlich - aber nicht immer - so behandelt wie eine Organ- 
  oder Gewebetransplantation. Transplantationsrecht ist bisher überwiegend kantonal 
  geregelt, die Bundesgesetzgebung ist noch nicht abgeschlossen. Die Bundesverfassung 
  der Schweizerischen Eidgenossenschaft hat den bundesrechtlichen Rahmen allerdings 
  schon jetzt gesetzt (Auszüge im Anhang). Ausserdem ist wie bei jeder anderen 
  Therapie das allgemeine Zivil-, Berufs- und Strafrecht anwendbar. Und in diesen 
  rechtlichen Beurteilungen werden auch die standesrechtlichen Regeln herangezogen, 
  wie sie die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften veröffentlicht, 
  um zu beurteilen, ob sorgfaltsgerecht gehandelt wurde. Nunmehr sollen spezielle 
  Gesetze auf Bundesebene erlassen werden. Dazu gehören insbesondere ein Bundesgesetz 
  über die Transplantation von Organen, Geweben und Zellen1 und ein Bundesgesetz 
  über genetische Untersuchungen beim Menschen2, sowie verschiedene Qualitätssicherungsvorschriften3. 
  Diese Vorschriften enthalten Regelungszwecke, die bei jeder Stammzelltherapie 
  beachtet werden müssen.  
B. Schutz der Menschenwürde
1. Regelungsziel
Oberster Grundwert 
  der Rechtsordnung ist die Menschenwürde, die unter keinen Umständen verletzt 
  werden darf. Die Definition der Menschenwürde als Rechtsbegriff bereitet erhebliche 
  Schwierigkeiten; überwiegend wird ihr Schutz aber dahin verstanden, dass niemand 
  als Mittel für irgendetwas oder irgendjemand eingesetzt werden darf. 
2. Folgen (beispielhaft 
  und in willkürlicher Reihenfolge)
  - Beschränkung der Forschungsmöglichkeiten
 
  - Einsetzung von Ethikkommissionen
 
  - Transplantationsverbote, 
    z.B. die gerichtete Spende von Hirnstammzellen eines abgetriebenen Fötus an 
    einen von der Mutter bestimmten Menschen, damit niemand nur für eine spätere 
    Abtreibung und Stammzellspende schwanger wird.
 
  - Unentgeltlichkeit 
    der Spende; zulässig ist nur der Ersatz der durch die Spende verursachten 
    Kosten 
 
  -  Weitestmögliche 
    Selbstbestimmung potentieller Spender durch Einwilligungserfordernisse oder 
    Möglichkeit des Widerspruchs zu jeder Verwendung der Stammzellen
 
  -  Wiederherstellung 
    eines "würdigen Zustands" des Körpers eines toten Spender zu
    Bestattungszwecken
 
 
C. Schutz der Persönlichkeit
1. Regelungsziel
Zum Schutz der 
  Persönlichkeit gehört vor allem die Selbstbestimmung, die zum Beispiel die Entscheidung 
  darüber umfasst, welche Daten gewonnen, gespeichert oder weitergegeben werden 
  dürfen, oder was man über sich erfahren möchte. 
2. Folgen (beispielhaft 
  und in willkürlicher Reihenfolge)
  - Ärztliches 
    Berufsgeheimnis - Schweigepflicht
 
  - Organisation 
    der Stiftung Schweizer Register oder künftiger Nabelschnurblutbanken (Informationsanspruch, 
    Weitergabebeschränkungen, Löschungsanspruch)
 
  - Recht auf Nichtwissen 
 
 
D. Schutz der Gesundheit
1. Regelungsziel
Weiteres Ziel 
  ist der Gesetzgebung zur Transplantationsmedizin ist der umfassende Gesundheitsschutz, 
  und zwar der Gesundheit der einzelnen wie auch der Gesamtbevölkerung. 
2. Folgen
  - Beschränkung 
    auf bestimmte Transplantationszentren
 
  - vtl. Sicherung der Kostenübernahme durch Krankenkassen
 
  - Förderung der Forschung - Förderung der Spendebereitschaft
 
  - Gewährleistung 
    fachkundiger Beratung vor, während und nach genetischen Untersuchungen
 
  - Qualitätssicherung
 
  -  Spenderschutz 
    durch Verbot, von mehreren Explantationsmethoden oder -zeitpunkten die für 
    den Spender ungünstigere zu wählen, um geeigneteres Transplantat
    zu erhalten 
 
 
E. Verteilungsgerechtigkeit
1. Regelungsziel
Das allgemeine 
  Ziel möglichster Verteilungsgerechtigkeit wird auch bei Stammzelltherapien relevant, 
  wenn Stammzellpräparate mit geringen immunologischen Komplikationen verwendet 
  werden können, also insbesondere solche aus Nabelschnurblut, Plazenten oder 
  Föten. Allerdings gibt es nicht den perfekten Verteilungsmodus, sondern nur 
  Verteilungskriterien und -verfahren, die in ihrem Zusammenspiel die Entscheidung 
  akzeptierfähig machen. Dabei versucht man, den größtmöglichen individuellen 
  Nutzen, möglichste Schadensvermeidung und Chancengleichheit miteinander in Einklang 
  zu bringen. 
2. Folgen (beispielhaft 
  und in willkürlicher Reihenfolge)
  -  Unvereinbarkeit 
    von rein organisatorischen Kriterien mit Transplantationsgesetz, wie etwa 
    Vorzug von beim Spendezentrum behandelten potentiellen Empfängern, eine routierende 
    Verteilung der Spenden auf die Transplantationszentren oder ein striktes "pay-back-System", 
    bei dem jeder Empfang mit einem Spendeorgan beantwortet werden muss.
 
  -  Verbot von 
    diskriminierenden Verteilungskriterien, also zum Beispiel Orientierung an 
    Herkunft, die Rasse oder Ethnie, das Geschlecht, die soziale Stellung, eine 
    mögliche körperliche, geistige oder psychische Behinderung oder das Alter
 
  -  Verteilungskriterien 
    können sein z.B. die medizinische Dringlichkeit, die bestmögliche physiologische 
    Kompatibilität, die medizinische Prognose im Übrigen und möglicherweise die 
    Wartezeit. Dabei ist zu beachten, dass auch die Entscheidung, welche medizinischen 
    Aspekte berücksichtigt werden, und wie sie berücksichtigt werden sollen, nicht 
    rein medizinisch ist, sondern sozio-kulturell bestimmt wird. Das gilt insbesondere 
    dann, wenn es nicht um die Abwendung akut lebensbedrohender Situationen geht, 
    sondern um die Verbesserung der Lebensqualität. 
 
  -  Zentrale und 
    international miteinander vernetze Vermittlungsstellen oder Register von spendebereiten 
    Personen beziehungsweise eingelagerten Spenden zur Optimierung der Organverteilung 
    
 
 
Anhang
BV Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999, 
  in Kraft seit dem 1. Januar 2000  
Art. 118 Schutz der Gesundheit
  - 1) Der Bund trifft 
    im Rahmen seiner Zuständigkeiten Massnahmen zum Schutz der Gesundheit.
 
  - 2) Er erlässt 
    Vorschriften über:
  
 -  a) den Umgang mit Lebensmitteln 
    sowie mit Heilmitteln, Betäubungsmitteln, Organismen, Chemikalien und Gegenständen, 
    welche die Gesundheit gefährden können;
 
  - b) die Bekämpfung 
      übertragbarer, stark verbreiteter oder bösartiger Krankheiten von Menschen 
      und Tieren;
 
  - den Schutz vor 
      ionisierenden Strahlen.
 
      
 
Art. 119 Fortpflanzungsmedizin 
  und Gentechnologie im Humanbereich
  - 1) Der Mensch 
    ist vor Missbräuchen der Fortpflanzungsmedizin und der
    Gentechnologie geschützt.
 
  - 2) Der Bund 
    erlässt Vorschriften über den Umgang mit menschlichem Keim- und Erbgut. Er 
    sorgt dabei für den Schutz der Menschenwürde, der Persönlichkeit und der Familie 
    und beachtet insbesondere folgende Grundsätze:     
  
 - a) Alle Arten 
    des Klonens und Eingriffe in das Erbgut menschlicher Keimzellen und Embryonen 
    sind unzulässig.
 
  - b) Nichtmenschliches 
    Keim- und Erbgut darf nicht in menschliches Keimgut eingebracht oder mit ihm 
    verschmolzen werden.
       
  - c) Die Verfahren 
    der medizinisch unterstützten Fortpflanzung dürfen nur angewendet werden, 
    wenn die Unfruchtbarkeit oder die Gefahr der Übertragung einer schweren Krankheit 
    nicht anders behoben werden kann, nicht aber um beim Kind bestimmte Eigenschaften 
    herbeizuführen oder um Forschung zu betreiben; die Befruchtung menschlicher 
    Eizellen ausserhalb des Körpers der Frau ist nur unter den vom Gesetz festgelegten 
    Bedingungen erlaubt; es dürfen nur so viele menschliche Eizellen ausserhalb 
    des Körpers der Frau zu Embryonen entwickelt werden, als ihr sofort eingepflanzt 
    werden können.
    
  - d) Die Embryonenspende 
    und alle Arten von Leihmutterschaft sind unzulässig.
 
  - e) Mit menschlichem 
    Keimgut und mit Erzeugnissen aus Embryonen darf kein Handel getrieben werden.
 
  - f) Das Erbgut 
    einer Person darf nur untersucht, registriert oder offenbart werden, wenn 
    die betroffene Person zustimmt oder das Gesetz es vorschreibt.
 
  - g) Jede Person hat Zugang zu den Daten über ihre Abstammung.
 
  
 
Art. 119a Transplantationsmedizin 
   
  - (1) Der Bund 
    erlässt Vorschriften auf dem Gebiet der Transplantation von Organen, Geweben 
    und Zellen. Er sorgt dabei für den Schutz der Menschenwürde, der Persönlichkeit 
    und der Gesundheit.
- 
  
- (2) Er legt 
    insbesondere Kriterien für eine gerechte Zuteilung von Organen fest.
 
  - (3) Die Spende 
  von menschlichen Organen, Geweben und Zellen ist unentgeltlich. Der Handel mit 
  menschlichen Organen ist verboten.
 
   
 
	Bundesgesetz über die Transplantation von Organen, Geweben und Zellen 
	Bundesgesetz über genetische Untersuchungen beim Menschen 
	Vorentwurf September 1998. ( 
	pdf-Dokument) 
Zum Beispiel der
	 
	
	Bundesbeschluss und die Bundesverordnung zur Kontrolle von Blut, Blutprodukten 
  	und Transplantaten vom 22. März 1996 bzw. vom 26. Juni 1996 
	Bundesgesetz über Arzneimittel und Medizinprodukte 
			 
			 
			
			
			
			
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